Herr Bürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,

die große Politik und deren Folgen werfen auch Schatten auf unsere Stadt und somit auch auf die zu beschließenden städtischen und spitälischen Haushalte sowie die Wirtschaftspläne unserer Eigenbetriebe für die Jahre 2023 und 2024.

Die in Berlin propagierte Zeitenwende als Folge des Krieges in der Ukraine, den explodierten Rohstoffkosten und der hohen Inflationsrate findet auch in Pfullendorf statt.

Heruntergebrochen auf den städtischen Haushalt sind dies stark angestiegene Ausgaben bei ungefähr gleich gebliebenen Einnahmen. Wir haben also ein Ausgabenproblem.

Allerdings gibt es bei uns keinen „Wumms“ oder gar „Doppelwumms“.                             Wir als Gemeinderat sind gehalten, mit den verfügbaren Mitteln sparsam umzugehen, zu priorisieren, kurz gesagt: Das Notwendige zu tun und das weniger Notwendige zu lassen, bzw. zu verschieben.

Nun zum Planentwurf:

Rückblickend haben wir die Coranapandemie mit einem blauen Auge überstanden.

Das Ergebnis von 2021 in Höhe von 9,2 Mio Euro und das zu erwartende für 2022 in Höhe von 4,5 Mio Euro zeigen dies deutlich. 

Industrie, Handel und Gewerbe haben sich als überwiegend sehr robust erwiesen, was ein stabiles, ja ansteigendes Gewerbesteueraufkommen beweist.

Unter diesen Vorzeichen und trotz der oben geschilderten negativen Einflüsse gehen wir davon aus, dass wir bei vernünftigem Wirtschaften auch diese schwierige Phase gut überstehen werden.

In der Gesamtschau des Ergebnishaushalts über beide Jahre reichen die Erträge in Höhe von 86,5 Mio Euro trotz enorm gestiegener Aufwendungen für den sächlichen Verwaltungs- und Betriebsaufwand (gesamt ca 21 Mio Euro), trotz stark gestiegener Personalkosten (gesamt ca. 20 Mio Euro) sowie diverser Sonderaufwendungen, der auszuweisenden Abschreibungen und gestiegener Zuweisungen und Zuschüsse, diese hauptsächlich im sozialen Bereich, für ein positives ordentliches Ergebnis in Höhe von 0,8 Mio Euro.

Allerdings gibt es im Ergebnishaushalt aus unserer Sicht im Bereich des sächlichen Verwaltungs- und Betriebsaufwands Einsparmöglichkeiten, zu denen ich in meinen weiteren Ausführungen kommen werde.

Der starke Anstieg der Personalkosten (in 2023 1,1 Mio Euro, in 2024 nochmals fast 0,5 Mio Euro) ist nicht nur den zu erwartenden Tarifsteigerungen, sondern vielmehr zahlreichen Stellenmehrungen, besonders im sozialen Bereich wie den Kindergärten, geschuldet. Mehr Aufgaben verlangen aber auch mehr Personal und eine leistungsgerechte Entlohnung ist mehr als notwendig, besonders im Hinblick auf den in Deutschland herrschenden Fachkräftemangel.

Die vom Kämmerer vorgestellte Finanzrechnung zeigt deutlich die Auswirkungen der stark gestiegenen Ausgaben und der, besonders in 2024, ausfallenden Zuweisungen. Abgemildert werden diese durch entsprechende Überschüsse.

Trotzdem bleibt ein Restfinanzierungsbedarf in Höhe von gesamt 11,5 Mio Euro, der durch Liquiditätsüberhänge und Kredite abgedeckt werden muss.

Perspektivisch sollten wir uns im Gremium darüber Gedanken machen, ob wir die Einnahmeseite nicht nachhaltig verbessern können, so z. B. durch die Anhebung der Hebesätze bei den durch die Stadt zu erhebenden Steuern.

Zu den geplanten Investitionen:

Dem vorgelegten Investitionsprogramm stimmen wir in der Masse der Einzelmaßnahmen zu. Investitionen in den Brand- und Katastrophenschutz, Flüchtlingsunterkünfte, Wasserversorgung, Straßen und Verkehr, um nur die wichtigsten zu nennen, sind einfach notwendig.

Zusätzlich beantragen wir die Aufnahme der Position „Kiga´s in Fremdträgerschaft, Neubau  Ev. Kindertagheim“  in das Investitionsprogramm.

Den genauen Mittelansatz überlassen wir der Verwaltung, abhängig von der Anzahl der unterzubringenden Gruppen. Auf jeden Fall sollten in 2023 entsprechende Planungskosten (200 000 Euro) eingestellt und die Planung fertig erstellt werden, sodass bei günstigen Vorzeichen (Haushaltssituation und Baupreise) jederzeit begonnen werden kann.

Nach der Vorstellung des Kindergartenbedarfsplanes sollte die Anzahl der Gruppen dem zu erwartenden Bedarf entsprechen.

Zur Reduzierung der Ausgaben und damit zur Schaffung von Rückstellungen für geplante Investitionen, besonders im Hinblick auf den Neubau der Realschule im geplanten Schulcampus, stellen wir folgende weitere  Anträge das Investitionsprogramm betreffend:

  • Streichung des Umbaus Kreisverkehrsplatz bei der ehemaligen Ziegelei Ott und der Zufahrt. Diese Investition sollte erst getätigt werden, wenn wir wissen, was mit dem Areal geschieht.
  • Streichung der Beschaffung von Fitnessgeräten im Stadtgarten. Diese sind aktuell nicht notwendig.
  • Zeitliche Verschiebung der städtebaulichen Sanierung, Oberflächen Nahwärme Altstadt bis auf die bereits begonnen Maßnahmen nach hinten. Keine dringende Notwendigkeit.
  • Reduzierung des Grunderwerbs und Anpassung an die aktuelle Nachfragesituation an Bauplätzen.

Weitere Einsparmöglichkeiten sehen wir im Ergebnishaushalt bei den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen.

Hier beantragen wir die Sanierung des Obertors und die Sanierung der Sportanlagen im Stadion zu verschieben bis diese problemlos zu finanzieren sind.

Was die Sanierung des „alten“ Tagheims anbetrifft, beantragen wir einen Sperrvermerk, bis wir nach unserer Klausur wissen, wo es bei der Kinderbetreuung hingehen soll.

Wohn- und Gewerbeentwicklung ist eine wichtige Aufgabe im Hinblick auf die Zukunft unserer Stadt. Hier haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, vielleicht sogar zu viel.

Wertvolle landwirtschaftliche Flächen sind dadurch unwiederbringlich verloren gegangen.

Auch deshalb müssen wir unser Augenmerk mehr auf die Innenstadt richten, um ein weiteres „Ausbluten“ zu vermeiden. Ziel muss eine attraktive Innenstadt sein!

Wir regen hierzu erneut den zielgerichteten Erwerb von Altimmobilien und Baulücken an. Diese dann abzureisen und als bebaubare Grundstücke zu veräußern oder das Freilassen von Lücken und deren Umgestaltung zu Plätzen der Begegnung ist machbar.

Der Aufgabenbereich unseres Wirtschaftsförderers sollte auf den Bereich „Förderung von Wohnen in der Innenstadt und aktives Leerstandsmanagement“ ausgeweitet werden.

Stichworte wie Nachverdichtung, Nutzung freier, bebaubarer Flächen, Aufteilen von Häusern, Wohnungs- oder Haustausch und Wohnen im Alter, wie im Seniorenforum dargestellt, zeigen die Richtung.  

So gibt es ab April 2023 eine kostenlose Beratung für Hauseigentümer durch Architekten mit dem Ziel, Wohnraum aufzuteilen und Barrierefreiheit zu schaffen. Solche Möglichkeiten sind aktiv zu bewerben.

Die Situation bei der weitern Ausweisung von Bauland ist realistisch zu betrachten. Hier sind die „fetten“ Jahre vorbei. Die bisherige Maxime, dass wir jedem, der bauen möchte, dies auch ermöglichen sollen/müssen, funktioniert nicht mehr bzw. hat auch bisher nur für die gegolten, die sich Bauen finanziell leisten konnten. Was ist mit denen, die finanziell nicht so gut dastehen, die jeden Euro umdrehen müssen?

Wir müssen als Verantwortliche auch an diese Menschen denken und günstigen Wohnraum, auch sozialen, ermöglichen. Das hat die letzten Jahre eindeutig gefehlt.

Hier können wir uns, wie in den vergangenen Jahren mehrfach vorgeschlagen, eine städtische Wohnbaugesellschaft, oder zumindest eine städtische Beteiligung an einer solchen vorstellen.

Die Schulkonzeption und den Neubau der Realschule dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Bei unserer geplanten Klausur sind hier die Weichen zu stellen.

Zusammenfassend möchten wir betonen, dass das geplante Investitionsprogramm sowie die Bewältigung der in den Sach- und Dienstleistungen versteckten Maßnahmen sehr ambitioniert sind. Wir bezweifeln, dass alle geplanten Projekte, wie es die Vergangenheit auch zeigt, realisiert werden können. Die personellen Ressourcen, egal ob eigene oder externe, sowie die Kapazitäten der ausführenden Firmen reichen einfach nicht aus.

Planung sollte realistisch sein!

Zahlreiche Aufgaben werden und müssen uns in der nächsten Zeit beschäftigen. Nicht nur weil sie aktuell sind, sondern weil sie in der Vergangenheit nicht die entsprechende Priorisierung erfahren haben.

Hier unsere „To do“-Liste, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Realisierung der in der Gemeindeordnung vorgeschriebenen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.
  • Regelmäßige Durchführung von Einwohnerversammlungen.
  • Aktive Begleitung der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung.
  • Umsetzung der Landesglücksspielverordnung, die schon lange fällig ist.
  • Entwicklung hin zu einer „Fair-Trade-Stadt“.
  • Erreichen der Klimaschutzziele durch Schaffung einer Stelle „Klimaschutzmanager“.
  • Weiterentwicklung des Jugendkonzepts, der Schulsozialarbeit und der Integration von ausländischen Mitbürgern.
  • Abschluss der Umsetzung des beschlossenen Friedhofkonzepts und Erlass einer neuen Friedhofssatzung.
  • Weiterer Ausbau des Radwegenetzes, besonders der Verbindung zwischen Mottschieß und Pfullendorf.
  • Durchforstung der Beiträge und Freiwilligkeitsleistungen im Verwaltungshaushalt.

In diesem Zusammenhang versprechen wir uns zukunftsweisende Ergebnisse von unserer, nach den Sommerferien geplanten, Gemeinderatsklausur.

Zum Haushaltsplanentwurf des Spitals:

Die Ergebnisse des Holzverkaufs sind die einzigen nennenswerten Einnahmen des Spitals. Diese haben sich sehr gut entwickelt. Die Prognosen für die nächsten Jahre sind positiv. 

In den letzten Jahren wurden viele Grundstücke aus dem Vermögen des Spitals veräußert. Um dies besser überblicken zu können, fordern wir eine Übersicht über die Grundstücke und Gebäude des Spitals.

Der geplante Zuschuss an den Eigenbetrieb Spitalpflege zur Mitfinanzierung des Neubaus Pflegeheim in Höhe von 4,5 Mio Euro entspricht dem Stiftungszweck.

Trotzdem gilt es, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Was machen wir mit unserem „alten“ Pflegeheim und dem zum Ensemble gehörenden „Ärztehaus“? 

Wir sehen hier mehrere Optionen:

  • Wohnen für Jung und Alt,
  • Wohnraum für Mitarbeiter,
  • Sozialwohnungen oder
  • Unterbringung von Geflüchteten.

Zu den Wirtschaftsplänen:

Die Spitalpflege agiert derzeit in einem sehr schwierigen Umfeld.

Leitungswechsel, Minderbelegung, fehlende Fachkräfte und Pflegesatzverhandlungen, dazu noch notwendige Beschaffungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs. Die Prognosen im Wirtschaftsplan sind nicht berauschend aber unter den geschilderten Umständen, die ja nicht morgen einfach verschwinden, noch akzeptabel.

Spätesten in 2024 wird der Neubau des Pflegeheims bezogen.

Die deutlich höheren Kosten können wir mittragen, der Deckel bei 18 Mio Euro ist allerdings gesetzt.

Im Hinblick auf die Eröffnung sollten wir uns Gedanken über einen passenden Namen unseres neuen Heimes machen. Nur „Seniorenheim“ ist altmodisch und passt nicht für eine so moderne und zeitgemäße Einrichtung.

Unser Seepark ist eine Freizeiteinrichtung mit Wasserskianlage, vielfältiger Gastronomie, Abenteuer- und Fußballgolf, Streichelzoo, Eiszelt, Wohnmobilstellplatz und Badestrand mit überregionaler Bedeutung.

Wir als Stadt „leisten“ uns diese Einrichtung und das mit nicht unerheblichem finanziellem Aufwand. So sind in 2023 390 000 Euro und 2024 gar 410 000 Euro Zuschüsse eingeplant. Aber solche Naherholungseinrichtungen sind für die Menschen absolut wichtig, die Coronapandemie hat dies deutlich gezeigt.

Wir als UL stehen zum Seepark. Trotzdem sind Ideen zur Ergebnisverbesserung gefragt. Der häufig diskutierte Campingplatz wäre hier eine gute Möglichkeit.

Unsere Technischen Betriebe, also der Bauhof, leisten sehr gute Arbeit und sind gut ausgestattet. Mit hohem Einsatz werden täglich die Spuren unserer Wegwerfgesellschaft und einiger uneinsichtigen Mitbürger beseitigt. Im Winter werden Straßen und Wege vorbildlich freigeräumt und im Sommer verschönert bunter Blumenschmuck das Stadtbild. So kann sich Pfullendorf sehen lassen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Männer und Frauen vom Bauhof.

Abschließend bedanken wir uns bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die ehrenamtlich in Vereinen und Institutionen aktiv sind oder ein Amt ausüben.

Wir bedanken uns weiter bei allen Beschäftigten der Stadt, der Eigenbetriebe und der städtischen Gesellschaften für ihre geleistete Arbeit.

Besonders bedanken wir uns bei Bürgermeister Ralph Gerster, unserem Kämmerer sowie den Amtsleitern und der Amtsleiterin für die offenen Gespräche im Vorfeld und während der Beratungen.

Herzlichen Dank auch an die Vertreter der Presse für ihre gute Begleitung unserer Arbeit.

Nach Abstimmung über unsere Anträge werden wir als UL den vorliegenden Haushaltsentwürfen für Stadt und Spitalfonds, den Wirtschaftsplänen für die städtischen Eigenbetriebe Spitalpflege, Technische Betriebe, Städtische Abwasserbeseitigung und Seepark Linzgau jeweils für die Jahre 2023/2024  grundsätzlich zustimmen.

Michael Zoller

Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort.

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