Haushaltsrede der UL vom 29.04.2021

 

 

Herr Bürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,

unter den bereits seit über einem Jahr herrschenden besonderen Umständen des weltweit grassierenden Corona-Virus beschließen wir heute die städtischen und spitälischen Haushalte sowie die Wirtschaftspläne unserer Eigenbetriebe für die Jahre 2021/2022.

Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich an einen offenen Punkt aus meiner letzten Haushaltsrede erinnern:

Die in der Gemeindeordnung festgelegte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen findet in Pfullendorf nicht statt. Wir beklagen immer das Desinteresse und die fehlende Mitwirkung der jungen Generation an kommunalpolitischen Prozessen.  Ein Jugendgemeinderat, wie ihn schon viele Städte und Gemeinden in der Region haben, wäre hier ein erster Schritt. Die Generation, über deren Zukunft wir entscheiden, muss eine Mitsprachemöglichkeit haben. Gehen wir die Sache möglichst noch in diesem Jahr an!

Nun zum Planentwurf:

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie auf unseren Haushalt halten sich in Grenzen. Worte unseres Kämmerers wie „Wir sind nochmal mit einem blauen Auge davongekommen“ oder „Wir leben auf einer Insel der Glückseligen“ stimmen positiv.

Industrie, Handel und Gewerbe haben sich als überwiegend sehr robust erwiesen, was ein stabiles Gewerbesteueraufkommen beweist.

Das ordentliche Ergebnis im Ergebnishaushalt von ca. 626 000 Euro in 2021 zeigt, dass wir trotz aller coronabedingten Unwägbarkeiten unseren Aufgaben mehr als gerecht werden. Das planerische negative Ergebnis für 2022 in Höhe von ca. 970 000 Euro wird sich bei sparsamem Wirtschaften sicherlich noch zum Besseren wenden. Da sind wir guter Hoffnung!

Der Zahlungsmittelüberschuss des Finanzhaushalts in 2021 in Höhe von ca. 1,943 Mio Euro und der Bedarf in 2022 in Höhe von ca. 1,2 Mio Euro ergibt im Saldo immer noch einen Überschuss in Höhe von ca. 740 000 Euro, was bedeutet, dass unsere ordentlichen Tilgungen über beide Jahre in Höhe von ca. 714 000 Euro problemlos finanziert werden können. Das sind aus unserer Sicht positiv überzeugende Zahlen.

Trotzdem gilt es, die geplanten Aufwendungen wie z. B. bei Unterhalt und Bewirtschaftung sowie die geplanten Investitionen kritisch im Hinblick auf Notwendigkeit, Kosten und Realisierbarkeit im Auge zu behalten.

Zu den geplanten Investitionen:

Die Sanierung des Dominikanerinnenklosters befindet sich auf der Zielgeraden, die neuen Räumlichkeiten sind inzwischen bezogen. Mit einem Invest von über 6,5 Mio Euro ist dies ein sehr teures, aber gelungenes Projekt. Wir sind auf die, von der Verwaltung zugesagte, detaillierte Schlussrechnung gespannt.

Vorausschauender Grundstückserwerb sichert die weitere städtische Wohn- und Gewerbeentwicklung, wie die Vergangenheit deutlich zeigt. Allerdings dürfen wir den zunehmenden Flächenverbrauch nicht aus den Augen verlieren. Wertvolles landwirtschaftliches Gelände geht verloren.

Deshalb müssen wir unser Augenmerk mehr auf die Innenstadt richten, um ein weiteres „Ausbluten“ zu vermeiden. Ziel muss eine attraktive Innenstadt sein!

Wir regen hierzu den zielgerichteten Erwerb von Altimmobilien und Baulücken an. Diese dann abzureisen und als bebaubare Grundstücke zu veräußern oder das Freilassen von Lücken und deren Umgestaltung zu Plätzen der Begegnung ist machbar, andere Städte, und da erinnere ich an unsere Informationsfahrt in den Schwarzwald vor einigen Jahren, haben hier Erfolg. Die innerstädtische Wohnbauentwicklung ist uns genauso wichtig wie die Schaffung neuer Wohngebiete. Grundlage hierfür sollten auch die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zum gesamtstädtischen Entwicklungskonzept von 2017 sein.

In diesem Zusammenhang sollten wir intensiv über eine städtische Wohnbaugesellschaft und über eine innerstädtische Wohnbauförderung diskutieren. Auf Grund der saldierten Mehreinnahmen im Grundstücksverkehr in Höhe von mittelfristig über 7 Mio Euro wären ausreichend Mittel vorhanden.

Die maßvolle Baulandentwicklung in allen Teilorten begrüßen wir ausdrücklich. Auch die jungen Bewohner dieser Orte haben dadurch die Möglichkeit, im Ort zu bauen und so zur Überlebensfähigkeit des ländlichen Raumes, zusammen mit der Schaffung kleinerer Gewerbegebiete in den größeren Teilorten, beizutragen.

Eine gute materielle Ausstattung der Feuerwehren in unserer Stadt ist absolut notwendig. Zahlreiche Einsätze bestätigen dies. Deshalb unterstützen wir die Beschaffung neuer Einsatzfahrzeuge und -mittel, auch in den Stadtteilen, den Umbau und die Sanierung des Feuerwehrhauses in Pfullendorf und den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Schwäblishausen.

Bis zum Vorliegen einer zuverlässigen Kostenprognose, die unserer Meinung nach erst nach Durchführung einer detaillierten statischen Untersuchung des Bestandsgebäudes in Pfullendorf erfolgen kann, betrachten wir die geplante Ausgabe von 1 Mio Euro in 2022 unter Vorbehalt des Gemeinderats.

Im Bereich der Schulen geht es mit der Weiterentwicklung der Schulkonzeption langsam , um nicht zu sagen schleppend, voran. Ein pädagogisch sinnvolles und finanziell tragbares Konzept sollte bis Ende des Jahres vorliegen. Die geplanten Ausgaben im Bereich der Digitalisierung und Breitbandversorgung sind gut investiertes Geld. Corona hat deutlich gezeigt, dass Deutschland in diesem Bereich, besonders auch was die Schulen anbetrifft, weit hinterherhinkt.

Wir begrüßen besonders den geplanten Baubeginn des evangelischen Kindertagheims vielleicht noch in diesem Jahr, spätestens jedoch 2022. Das hohe finanzielle Engagement der Stadt sowohl bei diesem Neubau wie auch im gesamten Bereich der Kinderbetreuung zeigt, wie wichtig uns unsere Kinder und deren Erziehung sind.

Der Bau des BHKW der Stadtwerke beim „Alten Haus“ zum Betreiben eines Nahwärmenetzes im Altstadtquartier kann hoffentlich in diesem Jahr noch beginnen. Der Klimawandel wartet nicht, und auch diese Maßnahme trägt zur Verminderung von Schadstoffausstoß bei. Die HH-Mittel zur Sanierung und barrierefreien Umgestaltung der betroffenen Straßen sind eingestellt und gut angelegt.

Trotzdem dürfen wir die innerstädtischen Bereiche nicht vergessen, die in Punkto Barrierefreiheit noch sehr zu wünschen übriglassen. Wenn immer möglich, ist hier vom Stadtbauamt Abhilfe zu schaffen.

Die geplanten umfangreichen Investitionen im Tiefbau, hauptsächlich Rest- und Roherschließungen unserer Baugebiete, sind, was die Durchführung anbetrifft, sehr ambitioniert. Wir bezweifeln, dass alle geplanten Projekte realisiert werden können. Die personellen Ressourcen, egal ob eigene oder externe, sind nicht ausreichend verfügbar.

Wir schlagen hier eine mit dem Gemeinderat abgestimmte Priorisierung der Maßnahmen vor.

Unsere Region verfügt über ein sehr gut ausgebautes und beschildertes Radwegenetz. Hier gilt unser Dank besonders dem Landkreis. Aber auch in Eigenregie konnten im letzten Jahr Lücken (z. B. beim Jägerhof) geschlossen werden. Was jetzt noch fehlt ist das Verbindungsstück zwischen Mottschieß und Pfullendorf. Wir fordern die Verwaltung auf, diese Verbindung endlich herzustellen. Geld ist da und wenn wir weiter auf den Landkreis warten, warten wir noch ewig. Packen wir es an!

Wir freuen uns sehr, dass noch in diesem Jahr die von uns geforderten und dringend notwendigen Fahrradabstellplätze incl. einer E-Ladestation am ZOB realisiert werden.

Die für 2022 eingestellten Mittel zum Bau eines eingezäunten Bolzplatzes, eines  „Outdoor-Fitnessparks“ und evtl. einer Boulebahn im Stadtgarten sind in unserem Sinne. Diese Maßnahme stellt die Fortführung des sehr gelungenen neuen Spielplatzes dar.  Unser Stadtgarten sollte noch mehr zu einem Ort der Begegnung, des Sports und der Kommunikation entwickelt werden.

Zur 800-Jahr-Feier: Nachdem das für das Jubiläum eingestellte Geld coronabedingt wohl nicht für Feierlichkeiten benötigt wird, schlagen wir als symbolische Geste die Pflanzung von 800 Bäumen durch die Stadt vor.

In der Gesamtschau ist das Investitionsprogramm in sich schlüssig, aber sehr ehrgeizig, weshalb wir jedoch an der Realisierung aus den bereits geschilderten Gründen Zweifel hegen.

Zum Haushaltsplanentwurf des Spitals:

Der Wald als zuverlässige Einnahmequelle unseres Spitals fällt gem. Plan nahezu weg, allerdings lassen die aktuell steigenden Holzpreise für die Zukunft hoffen. Sollte dieser Trend weiter anhalten, wäre das für 2022 prognostizierte negative ordentliche Ergebnis hinfällig. Wir kämen wahrscheinlich mit einem blauen Auge davon.

Trotzdem gilt es, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Was machen wir mittel- und langfristig mit unserem „alten“ Pflegeheim? Haben wir hierfür Ideen? Brauchen wir es überhaupt noch? Was geschieht mit dem sog. „Ärztehaus“, das schon lange in einem Dornröschenschlaf verharrt?

Machen wir uns Gedanken über dieses gesamte Areal incl. des großen Gartens hinter der Stadtmauer! Hier müssen wir etwas Zukunftsfähiges entwickeln. Wir stellen den Antrag,

dass der Stadtrat noch in der Haushaltsperiode sich mit der Thematik beschäftigt.

Zu den Wirtschaftsplänen:

Die Spitalpflege agiert derzeit in einem sehr schwierigen Umfeld.

Corona mit all seinen Auswirkungen, Leitungswechsel, Minderbelegung, fehlende Fachkräfte und Pflegesatzverhandlungen, dazu noch notwendige Beschaffungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs. Die Prognosen im Wirtschaftsplan sind zwar nicht berauschend aber unter den geschilderten Umständen, die ja nicht morgen einfach verschwinden, noch akzeptabel.

Spätesten in 2022 wird mit dem Neubau des Pflegeheims begonnen.

Dieser Meilenstein wird in die Geschichte unserer spitälischen Stiftung eingehen.

Wir freuen uns, diese Maßnahme aktiv begleiten zu dürfen.

Unser Seepark feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Leider nur in kleinem Rahmen.

Diese Freizeiteinrichtung mit Wasserskianlage, vielfältiger Gastronomie, Abenteuer- und Fußballgolf, Streichelzoo, Eiszelt, Wohnmobilstellplatz und Badestrand ist inzwischen ein Tourismusmagnet in der Region.

Wir als Stadt „leisten“ uns diese Einrichtung und das mit nicht unerheblichem finanziellem Aufwand. Aber solche Naherholungseinrichtungen sind für die Menschen absolut wichtig, die aktuelle Pandemie zeigt dies mehr denn je.

Wir als UL stehen zum Seepark. Trotzdem sind Ideen zur Ergebnisverbesserung gefragt, der häufig diskutierte Campingplatz wäre hier eine gute Möglichkeit.

Nun, wo sehen wir als UL die Schwerpunkte in der Weiterentwicklung unserer Stadt, auch über den aktuellen Doppelhaushalt hinaus?

  1. Der Klimaschutz, die Bewahrung der Schöpfung und der Artenvielfalt muss in all unserem Handeln oberste Priorität genießen. Nur so lassen sich die natürlichen Lebensgrundlagen auch für die kommenden Generationen sichern.

Unsere Entscheidungen, besonders in den Bereichen Bauen, Energie und Mobilität, sollten sich zukünftig immer an diesen Prinzipien orientieren, z.B. Verankerung klimaneutralen Bauens in der Bauleitplanung.

  1. Die Sicherstellung einer umfassenden Gesundheitsversorgung hat für uns sehr hohe Priorität. Neben einer guten ambulanten Versorgung gehört hierzu auch die stationäre Versorgung. In diesem Jahr muss ein tragfähiges medizinisches Konzept von Seiten der Geschäftsleitung des SRH-Klinikums vorgelegt werden, das auch klare Aussagen über den Bestand des Pfullendorfer Hauses beinhalten muss. 
  1. Zur Stadtentwicklung, besonders auch zur Innenstadt, habe ich bereits Ausführungen gemacht. Wiederholen möchte ich nochmals die städtebauliche Entwicklung des Areals „Pflegeheim, Ärztehaus und Umgebung“. Hier können wir uns von der Fachexpertise aus dem Forschungsbereich von Hochschulen bis zur Beteiligung eines privaten Investors alles vorstellen. Wichtig ist uns, dass wir hier aktiv werden.
  1. Auch und besonders unter dem Aspekt eines durch Corona veränderten Urlaubsverhaltens in unserem Land sollten wir uns des Themas Tourismus und der Weiterentwicklung unserer touristischen Angebote verstärkt annehmen. Besonders im Bereich Camping/Stellplätze steigt der Bedarf ständig, hier sollte der Schwerpunkt unserer Bemühungen liegen. 

Abschließend bedanken wir uns bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die ehrenamtlich in Vereinen und Institutionen aktiv sind oder ein Amt ausüben.

Nicht vergessen möchte wir aber auch all die Menschen, die, egal ob hauptberuflich oder ehrenamtlich, in dieser besonderen Zeit für uns da sind, für uns sorgen und helfen.

Ihnen unseren herzlichen Dank.

Wir bedanken uns weiter bei allen Beschäftigten der Stadt, der Eigenbetriebe und der städtischen Gesellschaften für ihre geleistete Arbeit. Besonders bedanken wir uns bei Bürgermeister Thomas Kugler, unserem Kämmerer sowie den AmtsleiterInnen für die offenen Gespräche im Vorfeld und während der Beratungen.

Herzlichen Dank auch an die Vertreter der Press für ihre gute Begleitung unserer Arbei.

Die UL stimmt den vorliegenden Haushaltsentwürfen für Stadt und Spitalfonds, den Wirtschaftsplänen für die städtischen Eigenbetriebe Spitalpflege, Technische Betriebe, Städtische Abwasserbeseitigung und Seepark Linzgau jeweils für die Jahre 2021/2022  zu.

Unsere Vorschläge beantragen wir zu berücksichtigen.

Michael Zoller

Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort.

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